Unterwegs

"Haben Sie ein Schachbrett mit?"

Ungewöhnliches aus einem gewöhnlichen amerikanischen Turniersaal

 

 

 Stellen Sie sich das einmal vor: Sie melden sich bei einem großen Schachturnier an, betreten nichts Böses ahnend den Turniersaal und vor Beginn der ersten Runde werden Sie konfrontiert mit der Frage "Haben Sie ein Schachbrett mit?" Das gibt es nicht, sagen Sie? Und wie! Eine solche Erfahrung machten kürzlich die Scharrers in Amerika beim Chess Open im Hyatt Regency Miami Convention Center, bei dem Schachmeister Patrick durch sein Remis gegen GM Shabalov für Furore sorgte. Und das nicht nur aus Südtiroler Sicht. Patrick's Vater Rudi hat kurz nach seiner Rückkehr aus Übersee mit dem Schreiber dieser Zeilen telefoniert und über dieses Turnier gesprochen und vor allem einiges davon erzählt. Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten...

 

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Eigentlich gehört das Miami Chess Open zu den bekanntesten Veranstaltungen auf dem nordamerikanischen Kontinent. Deshalb kann man sich als "Weitdahergereister" schon etwas davon erwarten. Doch gemach, die Veranstalter hielten eine Überraschung bereit:  "Ich habe noch nie erlebt, dass ich vor einem Turnier ein Schachbrett kaufen musste", erzählt Rudi Scharrer. Die stärkeren Spieler seien einfach davon ausgegangen, dass der schwächere eines mitbringt. Nun, Patrick war nicht unbedingt der (Elo-)schlechteste der anwesenden Denksportler, aber verglichen mit seinem Erstrundengegner, dem Weltklassemann Jaan Ehlvest eben doch eine Nummer kleiner. Deshalb musste der Geldbeutel gezückt und ein Brett gekauft werden. In normaler Turniergröße, versteht sich...

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Wer zum Turnierbeginn über Kopfweh klagte oder auch später irgend einen Grund hatte zu spät zum Turnier zu kommen, hatte deswegen noch lange keinen Nachteil zu befürchten. "Es gab die Möglichkeit, in der zweiten oder dritten Runde in das Turnier mit der Hälfte der Punkte einzusteigen. Dafür brauchte man einfach nur ein paar Hundert Euro (oder Dollars) zu zahlen", erzählt Rudi. Wer's hat...

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Nein, Patrick hab sich keine Punkte gekauft, aber die Möglichkeit dazu hätte er schon gehabt, wie aus anderer Quelle zu erfahren war. Die Vorgeschichte: In Miami herrschten tagsüber Temperaturen knapp unter 40 Grad, im Spielsaal wurden aber Dank eingeschalteter Klimageräte Temperaturen geschaffen, "dass man beinahe eine Jacke gebraucht hätte", so Rudi. Wie auch immer: Die klimatischen Bedingungen wirkten sich aus, und Patrick holte sich eine Erkältung. Diese wurde zusehends schlimmer, sodass er sich in der sechsten Runde außerstande sah,  gegen GM Gilardo Garcia zu spielen. Dass man dafür eine Null kassiert, erscheint unsereins irgendwie logisch. Der Schiedsrichter jedoch soll unseren Schachmeister darauf hingewiesen haben, dass er sich zumindest einen halben Punkt hätte kaufen können. Das nächste Mal vielleicht...

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Eine der größten Schachveranstaltungen in Amerika zieht auch das Interesse der Medien auf sich. Ständig zogen die Fachleute der schreibenden Zunft umher auf der Suche nach der großen Überraschung, die ihnen der erst 13-jährige (!!) IM Ray Robson zuhauf bot.  Einmal jeodch zog Patrick Scharrer das Medieninteresse auf sich. Nach der vierten Runde, als er den zum Club der Supergroßmeister gehörenden vierfachen amerikanischen Champion Alexander Shabalov an den Rand einer Niederlage brachte, interessierten sich nicht wenige für die Partie. Dem Schreiber dieser Zeilen hat Rudi die Partie zukommen lassen. Mit dem Einverständnis, die Notation dieser nicht wenig spektakulären Partie auch den Südtiroler Fans zugänglich zu machen. Zum Analysieren...

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Zum Schluss: Der Ausgang des Turniers wurde in einer Blitzpartie entschieden. Dabei konnte IM Robson GM Sadvakasov bezwingen. Womit der junge Mann zum  Sieger des Miami Chess Open erklärt wurde. Ob er zur Entscheidung auch das eigene Schachbrett mitnehmen musste ist nicht überliefert. Wäre aber interessant zu wissen. Ende der Geschichte.

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THE MIAMI CHESS OPEN 2008
September 10-14, 2008

Hyatt Regency - Miami Convention Center
 

SwissSys Standings. 2008 Miami Open: Miami Open Final Merge 

 

Rg Name Tot
1 GM Darmen Sadvakasov 7.0
2 IM Ray S Robson 7.0
3 GM Victor Mikhalevski 6.5
4 GM Julio J Becerra 6.5
5 IM Davorin Kuljasevic 6.5
6 IM Salvijus Bercys 6.5
7 Marc R Esserman 6.5
8 IM Jacek Stopa 6.0
9 IM Andrei Co Florean 6.0
10 IM Renier Gonzalez 5.5
11 IM John Bartholomew 5.5
12 IM Vinay S Bhat 5.5
13 IM Dean J Ippolito 5.5
14 IM David Pruess 5.5
15 FM Keaton Kiewra 5.5
16 Eric Rodriguez 5.5
17 GM Alexander Ivanov 5.0
18 IM Joshua Ed Friedel 5.0
19 IM Irina Krush 5.0
20 IM Dionisio Aldama 5.0
21 IM Justin Sarkar 5.0
22 FM Marcel Martinez 5.0
23 FM Kazim Gulamali 5.0
24 Ernesto Alvarez 5.0
25 Ryan Joseph Moon 5.0
26 GM Alexander Shabalov 4.5
27 GM Jaan Ehlvest 4.5
28 IM Marko Zivanic 4.5
29 GM Gildardo J Garcia 4.5
30 Tautvydas Vedrickas 4.5
31 Patrick Scharrer 4.5
32 Victor Kaminski 4.5
33 Artem Edm Ruppert 4.5
34 Troy Daly 4.5
35 Gregory J Kimmel 4.5
36 IM Drasko Boskovic 4.0
37 Karel Gonzalez 4.0
38 Sylvain Leburgue 4.0
39 Brian Goldstein 4.0
40 Matan Prilleltensky 4.0
41 Evan S Rosenberg 3.5
42 FM Renard W Anderson 3.5
43 Juan Camilo Arango 3.5
44 Alexander Velikanov 3.5
45 Robert M Perez 3.5
46 Alonso USCF Jaramillo 3.5
47 IM Daniel Fernandez 3.0
48 Corey Acor 3.0
49 Andres Santalla 3.0
50 Christopher Heung 3.0
51 Misael D Mestres 3.0
52 Humberto Cruz 3.0
53 Emilio Gustavo Hernandez 3.0
54 Hans M Morrow 2.5
55 Juan E Dominguez 2.5
56 Rodelay Medina 2.0
57 Jose Cabrera 2.0
58 Leonardo Campiz 2.0
59 FM Charles A Galofre 1.5
60 Jose Antonio Carrillo 1.0
61 Rainer Selva 0.0